Götze, Soldaten, Mamas und Profis bunt gemischt

BLICKPUNKT: „ZWEIBRÜCKEN – EINE STADT LÄUFT FÜR IHRE KINDER“

Dass Deutschland am vergangenen Wochenende Fußball-Weltmeister wurde, war gestern Morgen allgegenwärtig. Schüler mit Trikots von Götze und Müller sah man zuhauf in der Allee. Neben den Soldaten der Niederauerbach-Kaserne waren zu Beginn der Aktion „Zweibrücken läuft“ vor allem Schulkinder unterwegs. Manche sind, wie die Klasse 1a der Grundschule Sechsmorgen in Niederauerbach mit ihrer Lehrerin Tanja Vedder überhaupt erst mal gelaufen, um an den Start zu kommen. Die Erstklässler haben dann eine ganze Runde geschafft – eine prima Leistung für die ABC-Schützen.2,5 Kilometer durch die Allee, 2662 Schritte, so lang war eine Runde. Manche Läufer waren schon ganz früh da, wie Triathlet Udo Lilischkis von den Wassersportfreunden. Der trainiert gerade für den Berlin-Marathon am 28. September, „ich hab’ mir in dieser Woche extra ein paar Trainingskilometer für heute aufgespart“. Der 49-Jährige, der früher sogar mal unter Petre Ivanescu bei TuSEM Essen Handball gespielt hat, hatte schon bald zehn Kilometer zusammen. „Eigentlich will ich heute einen ganzen Marathon laufen“, meinte er, bevor er zu seiner Arbeitsstelle an der Fachhochschule verschwand. Nach Dienstschluss war er wieder da, hatte schnell – trotz drückender Hitze – 25 Kilometer auf dem Tacho. „Ich hab’ ja noch Zeit bis 22 Uhr“, ließ er den Marathon nicht aus den Augen.

Zwischendurch walkten andere, mal mit, mal ohne Stöcke, die Kleinsten wurden natürlich gefahren. Wie Jannis, der Sonnenschein von Mama Jeannette Sonntag aus Kirrberg (Nummer 412), die mit ihrer Mutter aus Zweibrücken und einigen Freunden gegen Abend ihre Runden drehte. Sonntag ist früher mal Halbmarathon gelaufen, „mit kleinem Kind geht das natürlich zurzeit nicht“, erklärt sie. Sohnemann Jannis (Nummer 323), am 27. April 2014 geboren, schlief selig, so lange ihn die Mama im Kinderwagen durch die Allee schoggelte.

Auch andere fuhren – mit Erlaubnis der Veranstalter VB, VT und Wassersportfreunde Zweibrücken. Behar Beqiri mit der Nummer 658, der bei der Heinrich-Kimmle-Stiftung in der Verwaltung arbeitet, drehte zwei Runden mit seinem Rollstuhl mit Elektroantrieb. Die Hitze machte ihm wenig aus. „Ach was, eine Runde fahre ich noch“, meinte der 25-jährige Albaner und zog los. Die Kimmle-Stiftung war mit 96, zum Teil behinderten Teilnehmern angetreten und trug ihren Teil zum neuen Spielgerät bei. Auch Dirk Ziegler, 39 Jahre, arbeitet im Dezember seit einem Jahr in der Gärtnerei der Kimmle-Stiftung, mäht Rasen, schneidet Hecken und jätet Unkraut. „Ich will immer gerne draußen arbeiten“, sagt der FCK-Fan, der gerne auf den Betzenberg geht. Na, dann war das bei „Zweibrücken läuft“ ja genau das Richtige für ihn.

Während am Rathaus zwischendurch andere noch schnell heirateten und vor dem Amts- und Landgericht der Eismann auf Kunden wartete, waren Karin Bieg von der Städtischen Drogenhilfe und Prävention und Schulsozialarbeiterin Susanne Böttcher ganz anders unterwegs. Die beiden hatten ein altes Kajak dabei, in dem sie standen und das sie durch die komplette Allee schleppten. Dabei versuchten sie Kurs zu halten und auf eine Aktion des Arbeitskreises präventive Jugendarbeit aufmerksam zu machen. „Voll gelaufen! Check deinen Kurs“ stand auf den T-Shirts, die alle vom Arbeitskreis anhatten. „Die T-Shirts hatten wir extra für heute machen lassen, das ist eine Aktion gegen das Koma-Saufen von Jugendlichen“, verdeutlichen die beiden.

Helfer brauchte es natürlich auch viele wie Ulli Suthoff und Gudrun Theobald an der Meldestelle, die fleißig Urkunden schrieben, bis die eigenen Finger Farbe hatten. Oder Karl-Heinz Schieber von der VT Zweibrücken, der am Morgen mit seiner Frau Doris am Wendepunkt am Brückchen an der Schließ den Streckenposten machte. „Das ist eine gute Aktion“, freute er sich über die rege und bunte Beteiligung. Die fünf Leute vom Arbeiter-Samariter-Bund hatten Gott sei Dank trotz der großen Hitze mit über 30 Grad keine Arbeit bei ihrer Mammut-Schicht von 8 bis 22 Uhr, höchstens mal das Kleben eines Pflasters. Kurz darauf rauschte die neue Mannschaft des Fußball-Regionalligisten in Trikots vorbei – Aufwärmen vor oder Auslaufen nach dem Training? Egal, sie waren dabei, wie ganze viele andere Vereine, Schulen, Firmen oder Behörden und Privatleute. Monika und Karl Bruck aus Stambach (Karl: „Ich bin awwer een Ixeemer“) drehten auch einige Runden und hatten Spaß dabei. „Vor allem, weil kein Druck dahinter war“, so Monika Bruck. Abends kamen nicht mehr so viele, dafür aber einige professionellere Läufer, die routiniert ihre Runden abspulten.

Und Triathlet Udo Lilischkis drehte am späten Abend immer noch seine Runden auf der Jagd nach Kilometer 42,195. Dass er bis zum Meldeschluss um 22 Uhr aber auch die Top-Leistung von Bundeswehr Peter Jehle (20 Runden) noch schaffen würde, war eher nicht mehr zu erwarten. Reicht ja auch so, bei immer noch 27 Grad.